Prof. Dr. Ingo Froböse ist seit 1995 Hochschulprofessor und unter anderem auch Leiter des „Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung“ der Deutschen Sporthochschule Köln.
Wir haben die Möglichkeit bekommen ein Interview mit dem Sportpräventionsexperten zu führen und haben viele interessante Fragen gestellt und noch spannendere Antworten bekommen...
Zum Einstieg: Was ist ihr Tipp um im Alltag fit zu bleiben?
„Make your day harder“, wer keinen Sport treiben möchte oder kann sollte seinen Alltag aktiv benutzen um seine körperliche Aktivität zu steigern
Versuchen Sie die Erledigungen des Tages zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu verrichten, ist das nur bedingt möglich, dann steigen Sie früher aus der Bahn oder dem Bus aus und laufen Sie die restliche Strecke.
Besonders Schreibtischtäter sitzen nicht selten 10 Stunden oder mehr am Tag. Hier hilft es kleine Bewegungspausen und Laufwege zu schaffen, beispielsweise anstatt eine Email zu schreiben zum Kollegen gehen oder den Drucker in den Nebenraum stellen.
Mein absoluter Favorit sind die Treppen. Bereits 40 Stockwerke pro Woche haben einen positiven Einfluss auf das Herz-Kreislaufsystem. Darüber hinaus trainiert man effektiv seine Bein- und Gesäßmuskeln.
100 km in unter 24 Stunden zu wandern ist ganz sicher eine ungewöhnliche und starke Belastung. Warum denken Sie wollen sich so viele gerne dieser Herausforderung stellen? Was denken Sie: wo liegt der Reiz?
Das Wandern und Laufen liegt uns im Blut. Unser Körper ist dafür ausgelegt täglich lange Strecken zurückzulegen, um nach Nahrung zu suchen.
Dieser „Trieb“ ist aber längst nicht mehr bei allen vorhanden und muss bei den meisten Menschen erst wieder entfacht werden. Wer aber einmal mit dem „Bewegungsvirus“ infiziert wurde kann sich nichts schöneres mehr vorstellen.
Besonders die Bewegung in der Natur spricht wahrscheinlich die meisten Menschen an. Denn Sport im Freien ist nicht nur für die Muskeln gut sondern auch ein wahres Balsam für die Seele.
Darüber hinaus ist der Anreiz, die 100km Marke zu knacken und damit eine unglaubliche Leistung zu erzielen sehr groß.
Beim Megamarsch gibt es Urkunden für das Erreichen der 40, 60, 80 und natürlich der 100 km Marke. Nehmen wir die kleinste und größte Marke. Wie fit sollte ich sein, um 40 km zu schaffen und wie fit, um die 100 km voll zu machen?
Für beide Strecken sollte man natürlich trainiert sein und sich nicht als komplett Untrainierter dieser Herausforderung stellen. Ansonsten riskiert man schnell Überlastungsschäden und Verletzungen.
Die 40km lassen sich relativ gut erreichen, wenn man regelmäßig trainiert. Wobei nicht nur die Ausdauer, sondern auch die Kraft trainiert werden sollte. 7 bis 8 Stunden werden untrainierte Personen wahrscheinlich brauchen für die 40km.
Die 100km sind schon eine sehr extreme Beanspruchung, weshalb Personen die dieses Ziel anstreben nicht nur körperlich fit sein müssen sondern auch vor allem mental stark sein sollten. Denn besonders die letzten Kilometer werden in der Regel nicht durch den Körper sondern durch die Psyche bestimmt.
Was würden Sie als ein geeignetes Training für den Megamarsch bezeichnen und wie abwechslungsreich sollte dies sein? Also einfach viel wandern oder verschiedene sportliche Aktivitäten kombinieren?
Im Fokus der Teilnehmer liegt natürlich die Ausdauerfähigkeit. Diese sollte gut trainiert sein. Dabei kann und sollte man unterschiedliche Wege nutzen. Natürlich kann man auch „nur“ wandern, das ist aber meist mit einem größeren Zeitaufwand verbunden. Deswegen sollten Jogging- oder Fahrradeinheiten auch zum Repertoire gehören. Diese sind kürzer dafür meistens etwas intensiver als das Wandern. Auch das Intervalltraining sollte Einzug erhalten, um möglichst abwechslungsreich zu trainieren. Denn durch eine größere Variabilität im Training zwingen wir den Körper sich immer wieder neu anzupassen. Wer nur wandert und das auch noch immer im gleichen Tempo, wird sich langsamer anpassen bzw. schneller mit Stagnation rechnen müssen.
Neben der Ausdauer spielt auch die Kraft eine wesentliche Rolle. Dabei sind es vor allem die Bein- und Gesäßmuskeln sowie die stabilisierende Rumpfmuskulatur, welche bei langen Märschen, vor allem mit Rucksack, beansprucht wird. Deshalb darf ein Kräftigungsprogramm für die ganzheitliche Vorbereitung nie fehlen!
Sport und Mental-Training gehen in vielen Fachartikeln einher. Wie sehen sie das und für wie wichtig halten Sie den mentalen Aspekt, um einen Megamarsch erfolgreich zu bestreiten?
Bei solchen extremen Belastungen spielt natürlich die körperliche Fitness eine entscheidende Rolle, aber ähnlich wie im Leistungssport, wird es über die mentale Stärke entschieden und den Willen wie sehr man sich quälen kann.
Denn wie beim Marathon sind die letzten Kilometer nur noch ein Kampf gegen den inneren Schweinehund und man möchte eigentlich nur aufhören. Hier entscheidet sich wer mental fit ist, sich selbst anspornen und quälen kann.
Haben Sie einen Mental-Tipp parat?
Mit Trainingspartnern laufen, so man kann sich gegenseitig motivieren und anspornen.
Wer gut vorbereitet ist, weiß was er kann und sollte sich das auch immer wieder vor Augen führen.
Machen Sie sich Zwischenetappen/-ziele, nicht das große ganze vor Augen haben, was sonst unerreichbar scheint, sondern immer den nächsten kleinen Schritt à anstatt die 100km beispielsweise die ersten 20km, dann 40km etc.
Irgendwann schwindet die Energie, wie kann der Energie-Speicher am besten wieder aufgefüllt werden? Pausen, Übungen, Essen, Nahrungsergänzungsmittel?
Die Kost sollte möglichst ausgewogen sein, aber vor allem kohlenhydratreich, um schnell Energie zur Verfügung zu stellen
Dabei sollte es sich nicht nur um einfachen Zucker handeln, welcher sich in vielen Riegeln findet, weil sonst die Gefahr besteht, dass der Blutzuckerspiegel schnell ansteigt und danach wieder steil abfällt und die Athleten müde werden. Deshalb ist es besser eine Mischung aus einfachen und komplexen Kohlenhydraten zuzuführen, wie Hafer, Roggen oder Dinkel.
Pausen sollten ebenfalls in relativ regelmäßigen Abständen erfolgen, um dem Körper kurze Zeit für die Regeneration zu geben. In dieser Zeit können beispielsweise die geschundenen Beine und vor allem die Füße massiert werden, um den Blutfluss zu steigern und die Regeneration zu verbessern. Wie lange diese Pausen sein sollten, muss jeder für sich selbst herausfinden und im Vorhinein proben. Nur zu lange sollten Sie nicht sein, da man sonst eventuell zu müde und träge wird.
Wichtig ist ebenfalls ausreichend zu trinken. Zusätzlich sollte bei Belastungen ab 120 Min. mindestens alle 30 Min. Wasser mit Zusätzen getrunken werden.
Zum Schluss die vielleicht wichtigste Frage: halten Sie es für gesundheitlich bedenklich einen Megamarsch zu absolvieren? Welche Risiken bestehen und wie kann ich mich als Teilnehmer schützen?
Eine gute Vorbereitung ist das A und O. Wer völlig unvorbereitet an solchen Sportveranstaltungen teilnimmt, riskiert Überlastungsschäden oder Verletzungen.
Deshalb sollte immer regelmäßig trainiert werden und je nach Ziel ist dafür eine gewisse Zeit an Vorbereitung nötig.
100km sind deswegen schon eine hohe Belastung, weil der Körper keine (ausreichenden) Pausen über 24 Std. bekommt.
Um sich nach der Belastung ausreichend zu regenerieren wird etwa eine Woche benötigt, da unter anderem das Immunsystem geschwächt ist.
Überbelastungen sind besonders an dem passiven System (Knochen, Knorpel, Sehnen, Bänder) möglich.
Beim MEGAMARSCH kannst du 100km wandern, musst du aber nicht. Wenn du also glaubst das deine Ausdauer und deine Fitness nicht für 100km reichen ist das absolut kein Problem. Starte dann doch erstmal mit 40km oder 60km. Denn auch das ist schon eine großartige Leistung und du bekommst selbstverständlich schon ab 40km eine Urkunde. Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Ingo Froböse für das Interview und hoffen es hat euch gefallen. Noch mehr interessantes rund um das Thema Sport findet ihr hier auf der offiziellen Seite von Prof. Dr. Ingo Froböse.
Habt Ihr Wünsche wen wir als nächstes für euch interviewen sollen? Lasst es uns in den Kommentaren wissen...
Tags: MEGAMARSCH, Interview
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