Warum es wichtig sein kann, die eigene Komfortzone zu verlassen, wie man den Mut findet, ja zu seinem eigenen Abenteuer zu sagen und wie sich fünf Wochen Jakobsweg in Spanien anfühlen können.
Die Komfortzone verlassen und etwas Verrücktes tun. Das kann bedeuten: 100 Km in 24 Stunden zu wandern beim Megamarsch . Oder auch: 800 Kilometer zu pilgern auf dem Jakobsweg durch ein fremdes Land über mehrere Wochen nur mit einem Rucksack ausgerüstet. Letzteres hat Christoph gemacht, und nimmt uns heute mit auf eine Reise auf sein erlebtes Abenteuer Jakobsweg. Wie sich das anfühlt, so etwas Ungewöhnliches zu machen, woher er den Mut dafür genommen hat, und was das Ganze am Ende mit ihm gemacht hat, darüber schreibt er hier bei uns und in seinem Blog jakobsweg-kuestenweg.com
DAS LEBEN MUSS DOCH MEHR BEREITHALTEN ALS DAS…
„Das Leben muss doch noch mehr für mich bereithalten als das, was ich hier gerade vorfinde!“
So ungefähr klang meine Frage, Klage und Ausruf zugleich. Ich fühlte mich damals eingeengt in meinem Alltag. Ich war nicht wirklich zufrieden und hatte eine große Sehnsucht: Intensiver leben. Mehr vom Leben mitbekommen. Präsenter sein. Mich selbst mehr spüren. Meine Ketten sprengen. Und mir dämmerte: Dies wird höchstwahrscheinlich nicht durch eine 4 Stunden Wanderung am Wochenende geschehen. Es braucht etwas Größeres, um eine Veränderung in meinem Leben zu erreichen.
Das war 2014. Da wusste ich noch nichts vom Megamarsch. Wovon ich aber gehört hatte, war der Jakobsweg in Spanien. Eine Bekannte war den Weg gerade 4 Wochen gelaufen und mit einem Strahlen im sonnengebräunten Gesicht zurückgekehrt, das mich nachdenklich machte und inspirierte.
Einige Monate – und innere Kämpfe - später stand ich selbst am Flughafen, um auf meine erste Jakobsweg-Reise nach Spanien aufzubrechen. Ohne Reise- veranstalter, ohne vorgeplant – nur ich, mein gepackter Rucksack mit über 10 Kilogramm (das war etwas zu viel) und mein Flugticket.
WENN DER MUT STÄRKER WIRD ALS DIE ANGST
Meine Neugierde, der Mut und die Abenteuerlust hatten letztlich über die Angst gesiegt nach langen Ringen. Ich hatte die Hosen zwar voll, doch ich hatte eine Entscheidung getroffen. Ich wusste, dass es Zeit war, etwas Neues zu machen. Etwas, von dem ich noch mit 80 Jahren meinen Enkeln erzählen konnte.
Etwas, das bleibt. Und das war in meinem Fall der Jakobsweg. Genauer gesagt der Küstenweg Camino del Norte in Spanien. Es ist einer der weniger bekannten Alternativ-Routen zum Hauptweg Camino Francés. Letzterer ist spätestens seit Hape Kerkeling hierzulande allbekannt.
Was jedoch die wenigsten wissen, ist, dass es noch eine Vielzahl weiterer Pilgerwege gibt; in Spanien, Portugal und ganz Europa, ja sogar hier bei Uns in Deutschland. Hier findest du eine Übersicht über die wichtigsten Jakobswege und ihre jeweils eigenen Charakteristika und Eigenschaften. Vielleicht ist ja auch für Dich eine Route dabei, um die Zeit bis zum nächsten Megamarsch zur Vorbereitung und als Training zu nutzen oder einfach mal ein neues Abenteuer und etwas anderes zu wagen.
Und es war genau dieser Gedanke, meine Enkel auf dem Schoß sitzen zu haben und ihnen etwas erzählen zu können aus meinem Leben, auf das ich stolz bin und das sie inspirieren könnte – dieser Gedanke entschied, dass meine Abenteuerlust stärker war als die Angst, und ich ja sagte zu meinem Abenteuer und ein Flugticket buchte.
AUF DEM JAKOBSWEG AN DER KÜSTE VON SPANIEN PILGERN
Ich habe es nicht bereut. Die Zeit auf dem Jakobsweg war intensiv, anstrengend, wunderschön und belebend zugleich.
Etwas ganz Anderes und Neues auszuprobieren, katapultiert dich komplett aus deiner Komfortzone heraus und wirft dich direkt mitten ins Abenteuer hinein. Die 800 Kilometer Jakobsweg waren extrem aufregend und abwechslungsreich. Höhen und Tiefen lagen nah beieinander und doch weiß ich jetzt, dass das eine nicht ohne das andere möglich ist:
Momente von Erschöpfung, wenn ich an meine körperlichen Grenzen stieß, wechselten sich mit Augenblicken von großer Freiheit und Freude. Wenn ich nach mehreren Stunden Wanderns und teils schweißtreibenden Aufstiegen an besonders schönen Wegpunkten innehielt und Pause machte, überkam mich manchmal ein Gefühl innere Ruhe und Weite, das ich selten auf diese Art erlebt hatte. Das Unterwegs sein in der Natur und die körperliche Bewegung und Anstrengung ist zunächst fordernd, doch belohnt danach mit wohligen Gefühlen von Zufriedenheit und angenehmer
Erschöpfung, eine wohltuende Ruhe im Körper.
Die Begegnungen mit Mitpilgern zählten ebenfalls zu den Highlights. Ähnlich wie die Begegnungen beim Megamarsch, können auch die gemeinsamen Stunden beim Pilgern auf dem Jakobsweg besonders sein. Durch die geteilten körperlichen Herausforderungen, welche der Weg einem stellt, wird man zusammengeschweißt und öffnet sich viel schneller, als das oft im Alltag der Fall ist. Unter Pilgern ist jeder gleich, egal ob Manager oder Student, arm oder reich. Es entstehen echte, authentische Gespräche und Begegnungen, die lange Zeit in Erinnerung bleiben. Zugleich ist es eine Übung für den Alltag, zu schauen und herauszufinden: Möchte ich gerade alleine laufen? Oder in Gesellschaft? Was sind meine Bedürfnisse und kann ich die mitteilen?
Meine Erfahrung ist, dass es sich lohnen kann, sich zu hinterfragen und zu trauen, auch mal „nein“ zu sagen. Die meisten Mitpilger hatten überhaupt kein Problem damit, wenn ich zum Beispiel mal gesagt habe, dass ich gern ein Stück alleine laufen würde und wir uns im nächsten Ort oder abends in der Herberge gerne wieder treffen können. Neben dem Alleine Laufen gab es andere Phasen, wo ich die Gesellschaft von anderen beim Laufen sehr genossen hab.
WAS NACH DEM ABENTEUER BLEIBT
Die Reise endet nicht, wenn das Abenteuer geschafft ist. Ich habe die Erlebnisse, Eindrücke und Erkenntnisse von meiner Reise in mein „neues“ Leben daheim nach dem Jakobsweg mitgenommen. Ich habe gemerkt, dass ich durch den „Tapetenwechsel“ und die geschaffte Herausforderung innerlich gewachsen bin.
Zurück zu Hause fiel es mir leichter, Dinge anzupacken und zu verändern, neu zu gestalten, auf Menschen zuzugehen und mehr in Richtung meiner Träume zu gehen.
Die wichtigste Erkenntnis: Auf mein Bauchgefühl gehört zu haben und es gewagt zu haben, war das absolut Richtige.
Habt Ihr schon einmal so ein Abenteuer unternommen? Berichtet uns von Eurer persönlichen Geschichte.
Sportliche Grüße Dein Team-Megamarsch
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